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Eine Kurve nach der anderen

In drei Stunden über die Ma-10: Die spektakulärsten 111 Kilometer, die man auf Mallorca fahren kann

Der Mann, der, den linken Arm lässig aus dem Fenster baumelnd, mit seinem Mietwagen gemächlich durch Mallorcas Gebirge kurvt, fühlt sich offensichtlich unter Druck gesetzt von den zahlreichen Autos, die hinter ihm eine immer länger werdende Schlange bilden. Da das Überholen unmöglich ist auf dieser meist engen Straße, fährt er also kurzerhand rechts ran und winkt die komplette Kolonne vorbei. Er will sich die Tour über Mallorcas Panoramaroute nicht vermiesen lassen.

Tatsächlich kann man viel verpassen, wenn man auf der Ma-10 zu schnell unterwegs ist. Die Landstraße windet sich 111 Kilometer weit von Andratx nach Pollença durch die Tramuntana – beziehungsweise umgekehrt, denn der Kilometer null befindet sich ganz im Norden der Insel, während der Kilometerstein mit der Zahl 111 unmittelbar gegenüber vom Rathaus in Andratx steht.

Wer die Tour hier, an ihrem südlichsten Punkt beginnt, kommt als erstes durch den Teil der Tramuntana, der am stärksten von dem schweren Waldbrand im Juli 2013 betroffen war. Viel zu sehen ist davon nicht mehr, längst wachsen wieder junge, grüne Kiefern dort, wo nach dem Feuer nur noch verkohlte Stämme in den

Himmel ragten. Nur die enormen Fangnetze an den Berghängen zeugen von der Naturkatastrophe, die das Feuer für die Region bedeutete: Ohne Wald ist der Boden der Erosion preisgegeben, immer wieder kommt es zu Steinschlag.

Nach ein paar Kurven (es kommen noch viele, viele weitere) und einem ersten Tunnel blitzt am Horizont dann zum ersten

Mal das Meer auf. Die erste Hälfte der Strecke, etwa bis nach Sóller, ist besonders lieblich: Es geht durch die malerischen Dörfer Estellencs und Banyalbufar, die sich mit ihren verwinkelten Gassen, den sandsteinfarbenen Häusern und den Gärten voller üppiger Bougainvilleen hoch über der Küste an die Klippen zu klammern scheinen. In Deià drängeln sich die Touristen vor dem

Schaufenster des lokalen Immobilienhändlers. Hunderte Meter weit parken die Autos der Eis schleckenden Ausflügler links und rechts am Straßenrand. Auf der Aussichtsterrasse am Herrensitz Son Marroig posieren die verliebten Pärchen für ein Selfie nach dem anderen.

Ab Sóller wandelt sich die Landschaft dann merklich. Das Meer verschwindet hinter den immer schrofferen Bergen, die schon am Nachmittag die Sonne verdecken. Steil ragen die Felswände in die

Höhe, immer karger wird die Landschaft, unzählige Ziegen suchen am Straßenrand nach den wenigen verbliebenen grünen Trieben. Kurz nach dem Monnàber-Tunnel gelangt man zu einem Stützpunkt der spanischen Luftwaffe und links, ganz weit oben, da scheint die Kuppel der Radaranlage auf dem Puig

Major zum Greifen nah. Die beiden Stauseen, die zur Trinkwasserversorgung Palmas dienen, sind halb ausgetrocknet.

Überhaupt kein Wasser führt mehr das moderne Aquädukt, das einst dazu diente, die Turbine eines nahe gelegenen Elektrizitätswerks anzutreiben und das direkt am Abzweig steht, der hinunter nach Sa Calobra führt. Durch immer dichter werdenden Eichenwald geht es weiter bis nach Lluc, dem wichtigsten Heiligtum der Insel, das etwas abseits der Landstraße auf einer fruchtbaren Hochebene zwischen den Bergen Massanella, Puig Roig und Puig Tomir liegt. Kurz darauf geht es an den öffentlichen Landgütern Menut und Binifaldó vorüber. Etwa bei Kilometer 11 der Ma-10 taucht dann in der Ferne zum ersten Mal die Nordküste Mallorcas auf, genauer gesagt die Bucht von Alcúdia. Jetzt ist es nur noch eine kurze Strecke bis hinunter nach Pollença.

Erst lieblich, dann schroff

THEMA DER WOCHE

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2021-07-22T07:00:00.0000000Z

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